Der Rabe senkt seinen Kopf in die Tonne.Sein Schnabel durchbricht die Wasseroberfläche.
Hebt den Kopf und lässt die Flüssigkeit in seinen Hals rinnen.Es dämmert.Der Reif hat alles
zugedeckt. Das kleine Gehöft liegt
malerisch eingebettet zwischen Wiesen ,brachliegenden Äckern
und eines Wäldchens nebst der Strasse. Nach dem er sich nach allen Seiten umgesehen hat senkt
er wieder seinen Schnabel.Ein Tropfen löst sich aus dem Abflussrohr der Regenrinne
welche in
die Tonne mündet. Mit einem Plopp trifft er auf die Wasseroberfläche. Der Rabe zuckt kurz und
fliegt weg. Von der Aufschlagstelle des Tropfens bilden sich kleine Kreise die sich rasch bis
zum Rand der Tonne ausbreiten. Hat
ihn das verunsichert oder das deutlich hörbare Piepsen aus
dem halbgeöffneten Fenster ganz in der Nähe?
Wiliam streckt die Hand aus und versucht den Wecker zu erwischen. Zu spät. Anne,seine Frau
stöhnt unwirsch und
kriecht noch tiefer unter die Decken.
Er murmelt leise eine Entschuldigung wohlwissend ,dass es nutzlos ist.Er schaut sie kurz an.
Ihre Figur ist etwas fülliger geworden.Sie war nie ganz schlank.Er betrachtet sie wie sie auf
der Seite
liegt.Ihre Hüfte wirkt dadurch noch runder. Eine verspürte eine leichte Erregung.
"Lieber nicht." Früher mochte sie manchmal diese kleinen Überfälle. Heute eher nicht mehr.
Er steht auf nimmt seine Kleider und schleicht
ins Badezimmer.
Das Wasser ist kalt der Boiler ist noch nicht an.Sparen!
In der Küche sieht er sich kurz um.Kaffee? Dauert zu lange.Er trinkt ein paar Schlucken vom
Wasserhahn.
Schnell die 2 Kühe melken und dann.. . Er hat heute
frei.Im Sägewerk wo er arbeitet gibt's
zur Zeit noch nicht so viel zu tun.
Die Kühe und ein paar Rentiere ,die zur Zeit auf der Nordweide sind .. Hmm mein Hobby.
Er muss grinsen.
"Sie sind also ein ... wie soll ich sagen ? Ein
domestizierter Same ?":der Reporter . Aus
Stockholm immerhin. Vor ein paar Wochen angereist hat er ihn zusammen mit Gunnar in der Kneipe
mit Tankstelle im Ort getroffen.
Die Zeitung wollte einen Artikel über die Integration,Realität
und Zukunft der indigenen Völker
veröffentlichen.
"Was bist du?": Leo der Tankstellen und Kneipenbesitzer.Laut und grobschlächtig.Wie sein Äusseres.
"Müssen wir uns jetzt etwa impfen lassen ? Was meinst du,Wil?"Sein
dröhnendes Gelächter übertönt alle
seine Kumpane . "Seien sie unbesorgt,mein Allerwertester unser Wil ist kerngesund !":klopft ihm auf
die Schulter.
Der Reporter schaut halb irritiert ,halb amüsiert zu seiner Assistentin
hinüber.
Mit ihr hat Wil nicht gerechnet.
Sie sitzt mit am Tisch ihm gegenüber. Die kurzen braunen Haare zurückgekämmt und zu einem Pony
gebunden.Ein ,wie es scheint teures und knappes Kostüm schmeichelt ihre zierliche
Figur .
"So ein schönes Gesicht.Feine Züge und grosse braune Augen."denkt er.Und verstohlen mustert
er sie immer wieder.Das (wahrscheinlich) teure Parfüm kitzelt seine Sinne.Er bemüht sich ruhig zu
bleiben.Sie hält
einen Stift in ihren zarten Händen und drückt in regelmässigen Abständen den
Druckknopf.Ab und zu mustert sie ihn während er auf die Fragen antwortet. Sie öffnet den Mund.
Er fängt an zu stottern ... und jetzt
noch Leo..! Und es gefällt ihr mit seinen Schwächen zu spielen.
Zur Strafe..! In Stockhholm ,da wäre sie jetzt lieber. Da hat sie studiert und später in London
mit Praktikum bei der Times . Philosophie und Linguistik .. und dann..
eine Tankstelle in der
Provinz.Eine Rportage ,die keiner hören will im Lokalteil."Mami kuck mal Papi ist in der Zeitung."
Sollen die doch ihren Hahnentanz aufführen.. . Sie nippt an der Tasse und mustert in nochmals und sieht ihnm tief
in die Augen.
Er rutscht nervös mit seinen Füssen ... sie weiss es .. sie braucht nicht hinzusehen.
Er schiebt den Riegel zur Seite und betritt den Stall . Eine Mischung aus Wärme , Dung, Urin und Kuh strömt ihm entgegen.
Die beiden Kühe mustern in mit neugierigen Blicken ,schnaufende Geräusche erzeugend durch ihre Nüstern. Sein Bewusstsein registriert dies vertraut, als den Anfang des Tages .
Er wirft etwas frisches Heu in die Krippe und fegt den Mist
weg. Mit der einen Hand schiebt er die erste Kuh etwas beiseite um Platz zum Melken zu schaffen . Stellt den Schemel hin und setzt sich darauf .Er massiert die Euter und mit sequentiellem Druck lässt er die ersten Spritzer zu Boden prallen. Er klemmt
den Kessel zwischen die Beine und fängt an zu melken.
Noch immer sieht er ihr Gesicht. Mehrmals am Tag. Seit Wochen. Ein Grund ,dass er in letzter Zeit nicht sehr glücklich ist.
Die verschliessbare Kanne stellt er hinten auf den Pickup
. Den Rest im Kessel bringt er in die Küche.
Er hat nur kurz mit ihr gesprochen. Der Reporter war der eigentliche Interviewer.
«Gefällt es ihnen hier?»: na , super … origineller Einfall . Dabei wollte er sich so gerne
von Leo’s Level abheben. Sie runzelt die Stirn und schüttelt den Kopf. Auch alle anderen Versuche scheitern. Sie gab ihm keine Chance.
Der Reporter : «Sehen sie mehr Vor - oder Nachteile im sesshaften Leben?» Wiliam zögerte
…
Leo am Nebentisch fällt ihm ins Wort : « Na klare Vorteile natürlich .. merkt man schon beim Scheissen.»
« Im Winter friert man draussen dabei die Eier ab und im Sommer fressen sie die Mücken.»
Grinst nach Anerkennung suchend in die Runde . Er mochte diese Stadt- Fatzken nicht. Weicheier allesamt!
Zur Überraschung Wiliams dreht sie lächelnd den Kopf in Richtung Leo und leicht ironisch: «Also wissenschaftliche Studien hätte
ich ihnen nicht zugetraut.» Dieser zwinkert seinen Kumpanen zu : «Habt ihr gesehen?» « Da muss man schon intellektuell daher kommen wie ich.»
«Ausgerechnet Leo brachte sie zum Lachen» : dachte er während
er das Angelzeug im Wagen verstaut . Zuletzt schiebt er noch sein Jagdgewehr hinter die Sitzbank . Es ist keine Jagdsaison.
Nur aus Gewohnheit.
Gunnar wartete schon an der Tanke. Er unterhielt sich mit Leo.
« Bringt mir ‘ne
fette Seeforelle mit!»: empfängt ihn Leo und streckt die Hand nach der
Kanne aus. « Noch ‘n Kaffee oder …» : zwinkert Leo ihnen zu. Seine Bierfahne ist kaum zu ignorieren.
«Kaffee ist o.k.»:
die knappe Antwort von Will . Und er fragt sich wie lange es wohl noch dauern würde bis sich Leo eines Tages ins Grab gesoffen hat.
Drinnen riecht es nach kaltem Zigarettenrauch ,abgestandenem Bier und frischem Brot.
«Musste schon
um 03:00 raus.»: brummt Leo während er die Milchlieferung quittierte .
«Lkw hatte ‘ne Reifenpanne» : erklärt er ungefragt.
Er betreibt nebst Tankstelle und Kneipe mit Gemischtwarenladen auch noch den Pannendienst
in diesem Bezirk. Alles in allem machte er wahrscheinlich das meiste Geld hier.
Wortkarg trinken sie ihren Kaffee. Es ist früh und jeder ist noch etwas in seiner Welt gefangen.
Ausserdem möchte Will es vermeiden, dass Leo ihn schon
wieder mit dem «Reh» aufzieht.
«Passiert einfach zu wenig hier!» :schiesst es Will durch den Kopf. «Der Ärger ist schon gross genug.»
«Gute Jagd !» : ruft er ihnen hinterher.
Sie
fahren schweigsam zum See. Ihrem Jagdrevier. Wie ein Spiegel. Es ist Windstill .
Sie machen das Boot klar. Alles routinemässig ,sie kennen das . «Los ?» Will nickt und startet den Motor. Der Fahrtwind sticht wie Nadeln ins Gesicht.
Das Boot durchpflügt das Wasser. Das tuckern des Aussenborders übertönt alles. Gunnar zeigt mit der Hand in Richtung einer Stelle wo er glaubt einen guten Fang zu landen. Will nickt und steuert darauf zu. Der See ist nicht sehr tief und vom
Schmelzwasser noch etwas trübe. Aber Richtung Ufer schon etwas klarer. Hier fangen wir an.
Sie werfen als Erstes die Köderfisch-Montagen aus. Setzen sich. «Sag mal ist das jetzt in Ordnung nächsten Monat?» : zu Gunnar gewandt.
«Hmmm !» : er nickt. «Mensch 2 Wochen Spanien.» : schwärmt dieser. «Haste wohl im Lotto gewonnen.» «Das gerade nicht.»: kommt’s zurück.
«Wir und die Kinder müssen mal ‘raus.»
«Weisst du!» Gunnar ist von der guten Sorte Freund ,die nie die falschen oder zu viele Fragen stellen. Er wendet sich seiner Montage zu.
«Was ist los ?» : hatte er sie gefragt als sie aus Leo’s Laden kam . Es war 2 Tage
nach dem Interview.
«Hättest deinen Will sehen sollen.» : dröhnte dieser. « Ganz verguckt hatte er sich in dieses exotische Wesen!» «Die hätte nur mit dem kleinen Finger zucken müssen und wir wären
alle hinter ihr hergelaufen.»
«So ist das!» : blitzte es in ihr auf. Deshalb war er so leidenschaftlich letzte Nacht. Es galt nicht ihr.
Er hatte sie betrogen. Im Kopf nur … aber das reicht!
Es war nichts wie sonst
in letzter Zeit. Sie sagte nichts. Sie verweigerte sich ihm.
«Ich schlage dir die Fresse ein, wenn du nochmals so ‘nen Mist erzählst .. du Riesenarsch!» : brüllte er ihn an als er ihn das nächste Mal sah und griff an
seinen Hemdskragen. Es war zu spät!
Die Pose wackelte der erste Biss . Alle Geister waren weg . Das Fischen erfüllt seinen Zweck.
Ein paar Stunden auf dem See. Ihre Sinne sind ganz auf’s Köder auswerfen und Wobbler spielerisch
durchs Wasser gleiten lassen ausgerichtet hebt sich die Stimmung etwas .
«Pause ?» Gunnar nickt. Sie fahren in eine kleine Bucht , sie kennen die Stelle. Man hat hier einen schönen Blick und die Morgensonne streift den Ort fast zuerst.
Diese Vertrautheit mit dem Ort und untereinander,sie kennen sich von klein auf, tut gut. Ruhe ,ist eine einfache und gute Definition.
Sie rauchen und betrachten das Erwachen der Natur. Es war ein langer Winter.
Will hob den Kopf. Geräusche
sind hier weit zu hören. Diese sind eindeutig menschlichem Ursprung zu zuordnen. Sie sahen sich an. Es ist irgendwie seltsam. Nicht wie sonst von Waldarbeitern und schon gar nicht von Jägern zu erwarten war.
Sie versuchen die Richtung zu orten.
Der scharfe Knall einer Waffe peitscht die Luft. Sie ducken sich beide gleichzeitig und greifen nach ihren Gewehren ,die noch im Boot liegen.
«Das war eine Pistole oder Revolver»: flüstert Gunnar . «Etwa 300 Meter und nickt mit
dem Kopf in die Richtung seiner Vermutung.
Mit den Gewehren im Anschlag schleichen sie durchs Unterholz. Die lauten Stimmen sind nicht zu überhören.
Gunnar geht in die Hocke als würden sie einen Elch jagen. Er zeigt in Richtung
einer kleinen Lichtung.
Wiliam duckt sich hinter einen Baum und schiebt ein Zweig vors Gesicht. Er ist Jäger.
Zwei Männer in Anzügen stehen am Rand der Lichtung beide mit Pistolen bewaffnet.
Vor ihnen kniet ein Dritter.
Er ist verletzt und wimmert. Die Beiden schreien in abwechselnd an.
Treten nach ihm. Wiliam sucht nach Gunnar . Auch er liegt in Deckung. Noch können sie kaum glauben was sie da sehen. Plötzlich lacht der am Boden kniende und scheint über
seine Peiniger zu spotten. Fast gleichzeitig eröffnen sie das Feuer auf ihn. Sie geben mehrere Schüsse auf ihn ab.
Der Kniende sackt in sich zu zusammen. Sein Körper zuckt nur noch durch die Einschläge der Kugeln.
Wiliam
versucht ruhig zu bleiben. Er hat schon gesehen wie Menschen erschossen wurden. Er hat bei der UNO gedient. Aber das hier …. . Gebannt schaut er weiter auf die Lichtung. Unwillkürlich hat er seine Flinte an die Schulter gehoben. Die beiden Schützen
sehen sich um. Es gibt ein Spruch der besagt: «Wenn du jemand mit hoher Intensität beobachtest schaut er ( der Beobachtete) in deine Richtung.» Es scheint zu stimmen. Der Eine hebt die Waffe und schaut so scheint es genau in seine Richtung.
Hat er mich entdeckt? Wiliam hat ihn bereits im Visier und zögert keine Sekunde länger.
Das schwere Kaliber seiner Flinte reisst einen von ihnen von den Beinen. Gunnar feuert seine Waffe ab . Trifft scheinbar nicht . Der andere duckt sich
weg und flieht ins Gebüsch.
Schwer atmend lehnt sich Wiliam an den Baum der im Deckung bietet und sieht Gunnar an . Er ist kreideweiss . Dann hören sie das Knallen einer Wagentüre und das Aufheulen eines Motors.
Sie verharren
weiterhin in Deckung unfähig sich zu bewegen. Die Nerven flattern. Wiliam muss sich übergeben. Er setzt sich rücklings an den Baum zündet sich mit zitternden Händen eine Zigarette an.
Wie ein Asthmatiker ringt er mit offenem
Mund nach Luft.